Gleichrangige Entwicklungsziele

An der Donau östlich von Wien werden im Rahmen des Maßnahmenkatalogs folgende Entwicklungsziele angestrebt:

  • Stabilisierung der Wasserspiegellagen von Oberflächen- und Grundwasser
    In den letzten 50 Jahren sank die mittlere Höhenlage der Donausohle um etwa einen Meter ab. Davon sind auch die Wasserspiegellagen betroffen. Indem eine weitere Eintiefung der Donausohle (Tiefenerosion) verhindert wird, soll vor allem die Höhenlage des Mittelwasserspiegels der Donau stabilisiert werden.
  • Aufrechterhaltung oder Verbesserung des Lebensraums Donau-Auen
    Umfangreiche Maßnahmen zur Fluss-Renaturierung schaffen im Nationalpark Donau-Auen neue Lebensräume für auentypische Pflanzen und Tiere oder werten bestehende Strukturen auf. Die Vorhaben tragen auch zum Erhalt des „guten ökologischen Zustandes“ im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG) bei. Durch Querschnittsaufweitungen oder Abflussaufteilungen verschaffen Renaturierungen dem Fluss mehr Platz. Dadurch wird die Stromsohle im Hauptstrom entlastet und der Tiefenerosion entgegengewirkt. Die Verbesserung der Retentionswirkung der Donau-Auen stellt eine Ergänzung zum konstruktiven Hochwasserschutz dar.
  • Verbesserung der Wasserstraßen-Infrastruktur 
    Wirtschaftliche und sichere Fahrwasserverhältnisse sollen auch unter Niederwasserbedingungen sicher gestellt werden. Dies soll insbesondere durch das Aufrechterhalten der erforderlichen Mindest-Fahrwasserbedingungen laut dem von Österreich ratifizierten internationalen AGN-Übereinkommen für die Fahrrinne erfolgen (2,50 Meter Abladetiefe an mindestens 300 Tagen pro Jahr bzw. 2,50 Meter Fahrwassertiefe bei Regulierungsniederwasser).

Diese drei Entwicklungsziele werden als gleichrangig angesehen und stehen in Einklang mit den Zielsetzungen des „Aktionsprogramms Donau des bmvit bis 2022“. Wesentliche Randbedingungen sind, dass der frei fließende Charakter der Donau östlich von Wien sowie der Hochwasserschutz nicht negativ beeinträchtigt werden dürfen. Dieses komplexe Zielsystem ist eine Herausforderung, der man nur durch die Einbeziehung unterschiedlicher Interessen und integrative Planung der Wasserbaumaßnahmen begegnen kann.

Integrative Maßnahmen

Der Maßnahmenkatalog ist das Ergebnis eines integrativen Planungsprozesses und baut auf den Erkenntnissen eines optimierten Wasserstraßen- und Verkehrsmanagements sowie der mehrjährigen Konzeptions- und Pilotprojektphase des Flussbaulichen Gesamtprojekts auf. Für jeden der oben dargestellten Maßnahmentypen wurde eine Prioritätenreihung erstellt.

Im Maßnahmenkatalog wird die erforderliche Flexibilität gewahrt, um neue Erkenntnisse und aktuelle Entwicklungen in die Umsetzung einfließen zu lassen. Maßnahmen, die aus dem laufenden Betrieb heraus umgesetzt werden, werden kontinuierlich weiterentwickelt. Auch die Optimierungsprojekte, die gemäß ihrer Priorität schrittweise umgesetzt werden, ermöglichen eine ständige Weiterentwicklung von Vorhaben zu Vorhaben. Zur Planung und Erfolgskontrolle ist eine laufende Zustandsbewertung sowie ein Monitoring bzw. eine wissenschaftliche Begleitung erforderlich. Das ist auch die Grundvoraussetzung, um die bei der Umsetzung der Maßnahmen laufend gewonnenen Erkenntnisse bei den nächsten Schritten berücksichtigen zu können („Lernen vom Fluss“). So lernen die Expert:innen Schritt für Schritt vom Fluss und seinen vielfältigen Gegebenheiten.

Die Einbindung verschiedenster Interessensgruppen ist dabei ein wichtiger Teil, sozial- und umweltverträgliche Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.

  • Sonstige Maßnahmen
    Die Schnittstelle zwischen Wasserstraßenmanagement und Verkehrsmanagement wird gezielt weiterentwickelt, um moderne Informationstechnologien bestmöglich zu nutzen. Sicherheitstechnische Einrichtungen wie Notfallländen werden verbessert. Die wissenschaftliche Begleitung der Maßnahmen, wie durch die Christian-Doppler-Forschungslabore für Sedimentforschung und Management (SED) sowie für aquatische Biotik (MERI), stellen das „Lernen vom Fluss“ sicher.
  • Optimierung der Regulierungsbauwerke
    Um in Niederwasserperioden die Schiffbarkeit zu gewährleisten und die laufenden Betriebskosten der Wasserstraßen-Infrastruktur zu reduzieren, wird die Niederwasserregulierung (Buhnen, Leitwerke) in kritischen Furtbereichen verbessert. In Eintiefungsbereichen kann die Regulierung maßvoll zurückgenommen werden, um durch Aufweitungen (Verbreiterung des Gerinnes) zur Entlastung der Stromsohle und damit zur Stabilisierung der Wasserspiegel beizutragen.
  • Uferrückbauten
    Ziel von Uferrückbauten ist die Ausbildung natürlicher Uferstrukturen zur Schaffung neuer Lebensräume. Dadurch erhält der Fluss wieder mehr Raum, wodurch die Beanspruchung der Stromsohle verringert und der Wasserspiegel bei Hochwasser gesenkt werden kann. Beim lokalen Rückbau harter Uferverbauung am Hauptstrom werden mögliche Auswirkungen auf Hochwasserschutz, Schifffahrt, Siedlungsgebiete und technische Infrastruktur berücksichtigt.
  • Sicherung kritischer Kolkbereiche
    Durch die Sicherung lokaler Gefahrenstellen wird  ein Sohldurchschlag beziehungsweise ein vollständiger Austrag von Kies an der Stromsohle verhindert. Mögliche Sicherungsmaßnahmen sind die Verklappung von Kies oder Grobkies, die lokale Befestigung mit Wasserbausteinen, Adaptionen von bestehenden Regulierungsbauwerken und Ähnliches.
  • Gewässervernetzungen
    Nebenarme sind die Adern des Wasserwaldes und ein selten gewordener Lebensraumtyp. Große historische Nebenarmsysteme im Nationalpark Donau-Auen werden daher wieder stärker angebunden. Ziel ist eine möglichst dauerhafte Durchströmung. Durch die Abflussaufteilung des Donauwassers nimmt die Beanspruchung der Stromsohle im Hauptstrom ab und die Eintiefungstendenz sinkt. Darüber hinaus kann die Abflussaufteilung stellenweise auch zur Absenkung des Hochwasserspiegels beitragen.

Die beschriebenen Entwicklungsziele werden durch eine Kombination wasserbaulicher Maßnahmen erreicht. Im Maßnahmenkatalog sind sowohl Maßnahmen des laufenden Betriebs (Erhaltungstätigkeiten) als auch wasserbauliche Optimierungsprojekte enthalten:

  • Integratives Geschiebemanagement
    Kies, der im Zuge von Erhaltungsmaßnahmen in der Schifffahrtsrinne oder in Geschiebefängen gebaggert wird, wird möglichst weit stromauf verführt und dort in tiefen Bereichen der Stromsohle verklappt (Geschiebeumlagerung).
    Als weiteres Element des Geschiebemanagements ist die Zugabe von Grobkorn vorgesehen. Vor allem soll dadurch der natürliche Abrieb (das Zerreiben der Steine) kompensiert werden. Wesentlich für stabile Wasserspiegellagen über den gesamten Abschnitt ist das Zusammenwirken der Erhaltungsmaßnahmen von viadonau mit den Bemühungen der Verbund AG zur Unterwassersicherung des Kraftwerks Freudenau auf den ersten Kilometern der Donau östlich von Wien.