Umwelt, FGP

Am 26. Februar wurde mit der Eröffnung eines neuen Christian Doppler Labors an der Universität für Bodenkultur in Wien ein neues Kapitel der Sedimentforschung an der Donau aufgeschlagen. Expertinnen und Experten aus Forschung und Wirtschaft widmen sich dabei ganz gezielt und in enger Zusammenarbeit der komplexen Dynamik von Fließgewässern und den vielfältigen Fragen im Bereich Flussmorphologie und Sedimenttransport. Im Zentrum der Forschungskooperation steht zukunftsorientiertes Sedimentmanagement sowohl im Hinblick auf Aspekte der Energiewasserwirtschaft als auch im Kontext der ganzheitlichen und nachhaltigen Entwicklung von Flusssystemen und hier im Besonderen der Wasserstraße Donau.

Hans-Peter Hasenbichler vor den Feiergästen

viadonau-Geschäftsführer Hans-Peter Hasenbichler über die Bedeutung und Chancen der gemeinsamen Forschungskooperation, Foto: © viadonau

Wissen schafft Wert“ lautet das Motto der Christian Doppler Forschungsgesellschaft. Christian Doppler Labore (kurz: CD Labor) stehen für anwendungsorientierte Grundlagenforschung und fördern zielgerichtete Kooperationen von Wissenschaft und Wirtschaft. Die Partner müssen sich gemeinsam bewerben. Falls das Konzept überzeugt und ein Forschungslabor durch die Christian Doppler Gesellschaft bewilligt wurde, werden 50 Prozent der Kosten als Wissenschaftsförderung übernommen. Im neu eröffneten Labor steht „Sedimentforschung und -management“ im Fokus. Forscherinnen und Forscher betrachten dabei die Erfordernisse für die Energiewirtschaft ebenso wie die Wirkung flussbaulicher Maßnahmen auf Fließverhalten und Geschiebedynamik der Donau. Zur Beantwortung der Fragestellungen kommen neue Messmethoden, numerische Modelle und physische Laborversuche zum Einsatz.  

Träger des Labors ist das Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiver Wasserbau der BOKU Wien. Um das fachliche Know-How aus Wissenschaft und Wirtschaft bedarfsgerecht zu bündeln wird das vielfältige Forschungsspektrum in drei Module geteilt: Wasserkrafttechnologien und -management (Partner: VÖU Verein für Ökologie und Umweltforschung, ein Zusammenschluss heimischer Wasserkraft-Unternehmen), Sedimentmanagement an großen Flüssen (Partner: viadonau) und Sedimentmanagement im Umfeld von Wasserkraftturbinen (Partner: Andritz Hydro und Voith Hydro). Im Rahmen des Labors arbeiten so jene Organisationen zusammen, für die Sedimentmanagement eine zentrale Herausforderung darstellt. Die Forschungsaktivitäten zu den Modulen wurden bereits im Oktober 2017 aufgenommen.

Ein nachhaltiges Sedimentmanagement ist derzeit kaum möglich, da ein umfassendes Verständnis der zugrundeliegenden Prozesse noch fehlt, gab Christian Hauer, Leiter des neuen CD Labors für Sedimentforschung und -management, die wissenschaftliche Ausgangslage zu den mathematischen Grundlagen zu bedenken und schwor abschließend die Forscherinnen und Forscher sowie die Partnerunternehmen auf die kommenden sieben Forschungsjahre ein: Genau da setzt das neue Labor an gemeinsam gehen wir den drängendsten Fragen der Sedimentforschung ganz gezielt auf den Grund.

Schlüsselwort Sedimentmanagement 
Die Beschaffenheit der Flusssohle und Ufer gibt dem Strom sein ganz eigenes, charakteristisches Fließverhalten. Eine entscheidende Rolle spielen dabei Sedimente, also jene Feststoffe im Fluss, die von der Fließkraft kontinuierlich über den Grund weitergeschoben oder in der fließenden Welle transportiert werden. Das kiesige bis sandige Material kann jedoch nicht immer vom Fluss weiterbefördert werden. In Stauräumen oder Furtbereichen sammelt es sich und muss entfernt werden, in anderen Bereichen entsteht ein Defizit, das zu Erosionserscheinungen führt. Um Energieerzeugung und Schifffahrt aufrechtzuerhalten sind die Energiewirtschaft und viadonau daher zu einem Management der Sedimente gezwungen. Sedimente spielen aber auch eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Lebensräume im und entlang von Flüssen, und Kies ist wichtiges Baumaterial zur Gestaltung naturnaher Strukturen wie Kiesbänke und Inseln im ökologischen Wasserbau.

Um Sedimentationsprozesse und Geschiebedynamik der Donau noch besser zu verstehen und diese möglichst positiv zu beeinflussen, rücken viadonau und das CD Labor vor allem den Donaukies und die spezifischen Prozesse seines Transports über den Flussboden in den Fokus. Wie groß ist der Nutzen einer Grobkornzugabe, um die Eintiefung der Sohle zu reduzieren? Sind Kiesinselschüttungen geeignete Elemente im modernen Wasserbau? Wie ist ihre Wirkung gegen Eintiefungen aber auch bei Hochwasserereignissen? Wie genau entstehen Gefahrenkolke und wie können sie gegen einen drohenden Sohldurchschlag gesichert werden? Mithilfe der Forschungsergebnisse strebt viadonau vor allem an der frei fließenden Donau östlich von Wien ein maßgeschneidertes Geschiebemanagement an, das sowohl den Schutz des Lebens- und Naturraums als auch den sicheren Betrieb der Wasserstraße nachhaltig unterstützt.   

Reprise einer erfolgreichen Zusammenarbeit 
Für viadonau und die Universität für Bodenkultur handelt es sich bereits um die zweite Zusammenarbeit im Rahmen eines CD Labors. Das im April 2017 abgeschlossene Labor „IM Fluss“ begleitete die Pilotprojektphase an der Donau östlich Wien und war für die wissenschaftliche Begleitung der wasserbaulichen Maßnahmen verantwortlich. Die dabei erzielten Forschungsergebnisse waren wesentlich für die Entwicklung des Maßnahmenkatalogs für die Donau östlich von Wien. Die erfolgreiche Kooperation wurde im Jahr 2015 mit dem science2business Award ausgezeichnet.  

„Schon das CD Labor „IM Fluss“ war eine erfolgreiche Zusammenarbeit und schuf wesentliche Grundlagen für ein entwicklungsorientiertes Miteinander von Forschung und Wirtschaft. Mit der erneuten Kooperation wollen wir die Nutzungssicherheit der Donau als verlässlicher Verkehrsträger weiter erhöhen und zugleich die naturverträgliche Entwicklung des Flusses sichern“, zeigte sich viadonau-Geschäftsführer Hans-Peter Hasenbichler bei der Eröffnungsfeier optimistisch.

Mit der erneuten Kooperation will viadonau das Wissen und Verständnis über Sedimente und morphodynamische Prozesse in der Donau erweitern, um Verbesserungen für den Lebensraum Donau und die Wasserstraßen-Infrastruktur zu erzielen. Östlich von Wien spielt das Sedimentmanagement bzw. Geschiebemanagement die zentrale Rolle, um der Sohleintiefung entgegenzuwirken.