viadonau, Umwelt

Wie sah die Flusslandschaft an March und Thaya eigentlich zu Zeiten der Jagdausflüge eines Prinz Eugen aus? Und welche Veränderungen durchlief sie seither? Fragen, denen man bei viadonau und der Universität für Bodenkultur in Wien mit der Verschmelzung alter und neuer Daten auf den Grund gehen will. Die Methode: eine GIS-basierte Rekonstruktion der historischen Flussmorphologie, bei der mittels vergleichender Analyse auch aktuelle Laserscan-Geländemodelle berücksichtigt werden. Mit den kombinierten Informationen aus historischen Daten und moderner Geoinformation entstand ein faszinierendes Zeitmodell zum Wandel des Flusssystems March-Thaya seit dem frühen 18. Jahrhundert.

Mithilfe von regressiv-iterativen Methoden ist es möglich, historische Landschaften – wie hier am Beispiel des WWF-Auenreservats Marchegg – schrittweise zu rekonstruieren.

Am äußersten östlichen Rand der Republik und zugleich inmitten Europas konnte an March und Thaya eine einzigartige Pflanzen- und Tierwelt überdauern. Gleichwohl bedeuteten die Regulierungen im 20. Jahrhundert für beide einst typischen mäandrierenden Tieflandflüsse eine flussmorphologische Zäsur. Um die Wirkungen der regulierenden Eingriffe und den Prozess der Veränderungen besser zu verstehen, widmeten sich die Universität für Bodenkultur Wien und viadonau im Rahmen des Projekts „Kli-Ma – Wasserspiegeloptimierung an der March unter besonderer Berücksichtigung des Klimawandels“ einer wissenschaftlichen flusshistorischen Aufarbeitung und brachten Daten aus verschiedensten Quellen und Zeitperioden zusammen. Die Analysen zeigten eindrucksvoll, dass sowohl March als auch Thaya durch die Eingriffe teils deutlich an Breite einbüßten. Waren es bei der Thaya „nur“ rund neun Prozent, halbierte sich dagegen die Breite der March. In den vergangenen 300 Jahren verlor die March rund 57 Prozent ihrer natürlichen Gewässerlebensräume. Bis 2020 nahmen abgetrennte und trockenfallende Seitenarme deutlich zu. Gleichzeitig reduzierte sich die Fläche fast aller aquatischen Habitattypen an beiden Flüssen erheblich. 

Im Zentrum der Untersuchungsmethoden stand die sogenannte „regressiv-iterative GIS-Rekonstruktionsmethode“, die von BOKU-Experte Severin Hohensinner bereits 2008 für die historische Donau entwickelt wurde. Für die GIS-basierte Rekonstruktion der historischen Flussmorphologie von March und Thaya wurden zahlreiche aktuelle und historische kartografische Daten verwendet. Dass beinahe das gesamte Projektgebiet durch viadonau in Form hochaufgelöster Laserscandaten bereits erfasst war, erwies sich als großer Vorteil. Die Laserscan-Geländemodelle offenbaren kleinste Geländestrukturen und können vielfältige Spuren früherer flussmorphologischer Veränderungen zeigen. Auf diese Weise ermöglichten die Laserscans eine fundierte Lagebestimmung von Gewässern, die in historischen Karten dargestellt sind. Die Ursprünge des herangezogenen Kartenmaterials reichen bis in das Jahr 1703 zurück und ermöglichen so einen breiten zeitlichen Untersuchungsfokus. Gestärkt wird das Datenfundament durch vielfältige weitere Informationsquellen wie historische Bilder und Texte, Erkenntnisse von archäologischen Grabungen oder auch geologische Untersuchungen. Die flussmorphologische Geschichte von March und Thaya entstand so Stück für Stück neu und kann wichtige Erkenntnisse für zukünftige Entwicklungen und flussökologische Maßnahmen liefern.

Weiterführende Informationen:

Flussmorphologische Entwicklung der March und der Thaya entlang der österreichischen Staatsgrenze seit dem 18. Jahrhundert (Bericht als Download)

Virtueller Flug beginnend nahe Bernhardsthal an der österreichisch-tschechischen Grenze entlang der historischen Thaya und der March über 86 Kilometer Luftlinie bis zur Donau (YouTube-Video)