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Eine Fischwanderhilfe mitten in der Stadt? Am Brigittenauer Sporn in Wien ist dies bald Realität. Nach dem Spatenstich im November 2015 herrscht auf der Baustelle reger Betrieb. Da bereits im Dezember erste Instandsetzungsarbeiten abgeschlossen werden konnten, wächst die Fischaufstiegshilfe in Nussdorf derzeit täglich, um spätestens Ende des Jahres den Fischen beim Wandern zu helfen.

Die entstehende Fischaufstiegshilfe - Aufbau der Seitenwände

Die entstehende Fischaufstiegshilfe - bereits Mitte März war der Aufbau der Seitenwände in vollem Gange, Foto: © viadonau

Das von Otto Wagner architektonisch gestaltete Nussdorfer Wehr, mit Schemerlbrücke und Nebengebäuden

Das von Otto Wagner architektonisch gestaltete Nussdorfer Wehr, mit Schemerlbrücke und Nebengebäuden, wurde zwischen 1894 und 1899 errichtet, Foto: © viadonau

Wollen Schiffe eine Staustufe überwinden, lassen sie sich schleusen. Für viele Fließgewässertiere stellen Kraftwerksstaustufen jedoch ein schier unüberwindbares Hindernis dar. Störe etwa wollen  zum Laichen ins Süßwasser. Um zu ihren Laichgründen zu kommen, müssen sie die Donau stromaufwärts wandern. Aber auch zahlreiche andere im Wasser lebende Tiere und Organismen brauchen für ihren natürlichen Lebenszyklus andere Flussbereiche. Fischaufstiegshilfen oder auch Fischtreppen spielen daher sowohl für den Artenschutz als auch bei der Renaturierung verbauter Gewässer eine wichtige Rolle.  

Die besonderen Flussbauwerke begegnen uns in erstaunlicher Vielfalt – sich in engen Mäandern schlängelnd, raumeffizient im Zick-Zack-Verlauf den Höhenunterschied überwindend oder manchmal auch als schlichte bewässerte und mit Steinen ausgelegte Treppe, wie sogenannte „Raue Rampen“. Ihnen gemein ist der Zweck, den Gewässerlebewesen die Überwindung der baulichen Barriere schonend zu ermöglichen – mittlerweile spricht man daher nicht mehr nur von „Fischaufstiegshilfen“ sondern von „Organismenwanderhilfen“ – an der Donau zum Beispiel können die Bauwerke vom kleinen Flusskrebs bis hin zum großen Wels genutzt werden.

Fischaufstiegshilfe Nussdorf – wie ein künstlicher Pfad für die Natur entsteht
Seit November 2015 entsteht im Wiener Stadtgebiet am Donaukanal bei Nussdorf eine Fischaufstiegshilfe, die nicht nur aufgrund ihrer urbanen Lage im 20. Wiener Gemeindebezirk speziell ist. Sie weist auch besondere bauliche Details auf. So kombiniert die Fischaufstiegshilfe Nussdorf zwei Arten von Aufstiegshilfen: ein Betongerinne mit aneinander gereihten Becken („vertical slot“) im Unterwasser der Staustufe und ein offenes Gerinne mit naturnahen Böschungen im Oberwasser der Staustufe. Darüber hinaus wird sie die historische, im Jahr 1898 fertiggestellte Schemerlbrücke untertunneln – eine einzigartige Lösung.  

Der Betonkörper für diesen besonderen Durchlass unterhalb der Straße wurde bereits im Frühjahr 2016 fertiggestellt. Damit auch während der Bauarbeiten der Verkehr auf einer Fahrspur aufrechterhalten werden konnte, wurde eine entsprechende Ampelregelung gesetzt und die Fahrbahn vorübergehend verlegt.  

Aufgrund der besonderen Strömungsverhältnisse im Donaukanal mussten im Bereich des Dammfußes, also am Übergang vom Damm zum Gelände, grobkörniges und in Richtung der sogenannten Vorschüttungskrone, im oberen Dammbereich, abnehmendes Material (Kies) verdichtet eingebracht werden. Dabei galt es besonders darauf zu achten, das Abschwimmen von Material und dadurch entstehende Trübungen flussabwärts möglichst zu vermeiden. Anschließende Trübstoffmessungen der ökologischen Bauaufsicht ergaben: alles im grünen Bereich. Mit der Vorschüttung im Oberwasser-Einlaufbereich konnte so eine entscheidende flussbauliche Herausforderung gemeistert werden.  

Ende März war die sogenannte Bohrpfahlwand mit 43 ausgerüsteten, je 90 cm breiten Bohrpfählen fertiggestellt. Bohrpfahlwände dienen der Sicherung von Geländesprüngen und spielen im Dammbau eine wichtige Rolle. Mit der Fertigstellung der Pfahlwand konnten nun auch die Bodenplatten sowie die Seitenwände aufgebaut und betoniert werden – Kanal und Verlauf der künftigen Fischaufstiegshilfe haben damit endgültig ihre feste Form erhalten und sind nun schon gut zu erkennen.  

Die Bauarbeiten werden voraussichtlich bis Dezember 2016 abgeschlossen. Das historisch bedeutende Ensemble aus der Otto-Wagner-Ära ist dann um ein besonderes Bauwerk reicher.  

Wissen, worauf man baut
Gerade im Zuge von Bautätigkeiten werden neben alten Bau- und Siedlungsresten manchmal auch Sprengmittel aus Kriegszeiten entdeckt. So fanden auch im Vorfeld der Baumaßnahmen zur Fischaufstiegshilfe zunächst sogenannte Kampfmittelerkundungen bzw. -sondierungen von Bauflächen im Ober- und Unterwasserbereich statt. Dabei wurden einige bisher unbekannte Einbauten gefunden, wie eine Spundwand, die nach dem Wehrumbau im Jahr 1972 im Boden verblieben ist, aber auch Beton im Bereich der ehemaligen Sperrschifflände.