FGP, Umwelt

Zwei Jahrzehnte Nationalpark Donau-Auen, das heißt auch zwei Jahrzehnte Naturschutz und Revitalisierung. Aber wie erfolgreich waren die Maßnahmen und welche Erkenntnisse konnten für die freifließende Donau östlich von Wien gewonnen werden? Das Jubiläumsjahr des Nationalparks gibt Anlass, zurückzublicken und sich auszutauschen über vielfältige wichtige Erfahrungswerte aus der Vergangenheit und wie diese die Zukunft des Naturschutzes an der Donau mitgestalten können. Am 19. Oktober trafen sich Expertinnen und Experten bei einer Fachtagung auf dem MS Negrelli für ein umfassendes Resümee.

Gruppenfoto an Bord des MS Negrelli

v.l.n.r.: Robert Tögel (Leiter Flussbauliches Gesamtprojekt, viadonau), Christian Baumgartner (Bereichsleiter Natur & Wissenschaft, Nationalpark Donau-Auen), Carl Manzano (Direktor Nationalpark Donau-Auen), Hans-Peter Hasenbichler (Geschäftsführer viadonau), Ulrich Eichelmann (RiverWatch) und Mathias Jungwirth (Universität für Bodenkultur Wien), Foto: © Kovacs

Bereits in den Anfangszeiten des Nationalparks Donau-Auen wurden innovative Impulse zur natürlichen Wiederbelebung der Flusslandschaft gesetzt. Seither haben sich Ziele und Methoden von Renaturierungsprojekten kontinuierlich weiterentwickelt und im Kontext eines ganzheitlichen Naturschutzleitbildes bedeutende Erkenntnisse erbracht. Während im Sinne des Natur- und Artenschutzes mit neuartigen Pilotprojekten viele Ziele erreicht wurden, blieb das durch die Kraftwerkskette stark abgeschwächte Geschiebe eine permanente Herausforderung für die natürliche Entwicklung der au- und flusstypischen Fauna und Flora.   

In 20 Jahren kann viel passieren. Für den Natur- und Artenschutz in empfindlichen naturbelassenen Ökosystemen gilt das umso mehr. Entsprechend vielfältig war die Bandbreite an Know-how und Erfahrung, die sich den Teilnehmenden der Fachtagung an Bord des MS Negrelli bot.  

Robert Tögel, Leiter des Flussbaulichen Gesamtprojekts bei viadonau, sieht vor allem in Sachen Geschiebedefizit noch weiteren Forschungsbedarf aber auch vielversprechende Lösungsansätze, die erst durch Meilensteine wie das Pilotprojekt Bad Deutsch-Altenburg möglich wurden. Die dabei über die letzten Jahre erlangten Erkenntnisse an der freien Fließstrecke könnten zur Stabilisierung der Wasserspiegellagen in Zukunft effektiv beitragen.  

Auch für Christian Baumgartner, Leiter des Bereichs Natur & Wissenschaft des Nationalparks ist die Sohleintiefung das dringendste Problem. Der Experte betonte darüber hinaus die Bedeutung des Uferrückbaus für die Entwicklung der Natur an der Donau. Durch natürliche Uferstrukturen könne der Fluss seine Landschaft besser gestalten, die Verjüngung mit Pionierpflanzen werde wieder ermöglicht.

Markus Simoner, Leiter des Wasserstraßen-Managements bei viadonau, hob in seinem Vortrag die Bedeutung des laufenden Betriebes der Wasserstraße Donau hervor. Die gezielte Geschieberückführung im Rahmen der von viadonau durchgeführten Erhaltungsbaggerungen trägt maßgeblich zur ökologisch gewünschten Stabilisierung der Donausohle bei. So wird der gebaggerte Donaukies seit 2009 nur mehr stromaufwärts verführt und verbleibt somit länger in der freien Fließstrecke östlich von Wien. Dies hat in Kombination mit den wasserbaulichen Projekten Witzelsdorf und Bad Deutsch-Altenburg eine entsprechende positive Wirkung gehabt. So sind im Zeitraum 2010-2015 die Nieder- und Mittelwasserspiegellagen im Zuständigkeitsbereich von viadonau (Stromkilometer 1910-1873) weitgehend stabil geblieben bzw. sogar leicht angehoben worden – der Eintiefungstrend konnte hier also gestoppt werden. In den kommenden Jahren wird das laufende Geschiebemanagement weiter optimiert, um einerseits gute Fahrwasserbedingungen für die Schifffahrt und andererseits dauerhaft stabile Wasserspiegellagen zu erreichen.

Uferrenaturierung und vorausschauendes Geschiebemanagement gehen für die Expertinnen und Experten Hand in Hand. Wasserbau-Experte Gerhard Klasz hob die Rolle treffsicheren Geschiebemanagements hervor. Auch die positiven Effekte kombinierter Maßnahmen, wie Uferrückbau, Buhnenumbau, Gewässervernetzung und Grobkornzugabe wurden angesprochen. Die Kombination verschiedener, gezielt aufeinander abgestimmter Aktivitäten ist nicht nur erfolgversprechend, sondern birgt auch großes Potential zur Weiterentwicklung der Maßnahmen.  

In Anwesenheit von rund 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Universitäten, Forstverwaltungen, Partnern und NGOs waren sich die Expertinnen und Experten an Bord des MS Negrelli einig: Zur Verbesserung des Sedimenthaushaltes und für die sichere ökologische Zukunft der Donau östlich von Wien sind vor allem punktgenaues Geschiebemanagement und konsequente, ökologisch sinnvolle Renaturierung entscheidend. Nationalparkdirektor Carl Manzano betonte abschließend, wie wichtig dafür ein integrativer Ansatz, intensive Kommunikation sowie die Fortführung bewährter Partnerschaften aber auch politische Unterstützung sei. Der Nationalpark Donau-Auen werde weiterhin entsprechende Impulse setzen – auch gemeinsam mit viadonau, wo maßgeschneiderte Projekte zur verantwortungsvollen flussbaulichen Entwicklung zwischen Wien und Bratislava bereits geplant sind.

Die Präsentationen der viadonau-Experten Robert Tögel und Markus Simoner zur Fachtagung am Negrelli stehen jeweils hier und hier zur Verfügung.